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Eröffnung: Fr, 13.12.2024 | 20 Uhr
Großer Saal
14.12.2024 - 23.02.2025

DEBT. Jahresausstellung 2024/25

Hana Ostan-Ožbolt-Haas, Foto: Olivia Henningsson

Die letzte Ausstellung des Jahres ist traditionell den Mitgliedern des Kunstvereins vorbehalten und wird in diesem Jahr von Hana Ostan-Ožbolt-Haas kuratiert.

DEBT
Jahresausstellung der Mitglieder des Salzburger Kunstvereins 2024
14. Dezember 2024 – 23. Februar 2025

Eröffnung: Freitag, 13. Dezember 2024, 20 Uhr
Kuratorin: Hana Ostan-Ožbolt-Haas

„Ich habe das Gefühl, dass ich immer im Rückstand bin, sei es bei der Arbeit oder im Privatleben. Ich gebe nicht genug zurück. Egal, was ich tue und wie sehr ich mich bemühe, ich bin immer im – [Minus]. Ich erreiche nie die 0?! Aber ich fühle mich schuldig, dass ich diese Gedanken überhaupt habe. Ich könnte genauso gut unter den Trümmern liegen,“ schreibt mir eine Freundin, die Mitte dreißig ist, im Juli dieses Jahres, und das bleibt bei mir hängen. Sie fühlt sich „ständig verschuldet“ und gleichzeitig „schuldig“ und ich kann das Nachvollziehen.

„Schuld“ ist ein weit gefasstes Thema, das aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden kann, unter anderem in seiner emotionalen, sozialen, historischen und wirtschaftlichen Dimension. Insbesondere im Kontext des anhaltenden israelisch-palästinensischen Konflikts, der die Kunstwelt in den letzten Monaten wie kaum ein anderes Thema gespalten hat, sehen sich viele Menschen mit Schuld- und Pflichtgefühlen konfrontiert, die mit ihrer aktiven/passiven Beteiligung an einer Debatte zusammenhängen, die so stark von dem beeinflusst ist, was wir als historische Schuld bezeichnen könnten. Historische Ereignisse und ihre anhaltenden Auswirkungen können als eine Form von Schuld interpretiert werden; das Erbe von Kolonisation oder Kriegen, in denen die Nachkommen derer, die gelitten haben, Anerkennung und Wiedergutmachung für vergangenes Unrecht fordern. In diesem Zusammenhang dient die Kunst oft als Mittel der Erinnerung und der Forderung nach Rechenschaft.

Der wirtschaftliche Aspekt von Schulden – finanzielle Schulden –  ist etwas, mit dem viele, die unter den prekären Bedingungen der Kunstwelt arbeiten, tagtäglich konfrontiert sind; sie leben von einem Honorar und einem Auftrag zum nächsten, knapp unter null. Angesichts sinkender Löhne und einer weitgehend auf später verschobenen Rente wurde der Zugang zu Krediten und persönlichen Aktienportfolios als Instrument vorgeschlagen, als eine Form der „Investition“ in das eigene Selbst, mit der die veränderten sozialen und ökonomischen Bedingungen kompensiert werden können. Das Recht auf (höhere) Bildung, auf Wohnraum, auf Formen des Sozialschutzes und soziale Dienstleistungen wurde als Privileg neu definiert, das von der Annahme von Krediten und privaten Versicherungen abhängig ist. Wer ist privilegiert genug, um als Teil des so klassenorientierten Kunstsystems zu agieren?

Symbolisch können „Schulden“ für jede Art von Ungleichgewicht stehen. Inwieweit kann man also behaupten, dass der Begriff der Schuld das Wesen des Ganzen ist? Die ontologische Schuld – menschliche Subjekte sind anderen Menschen immer etwas „schuldig“ – entsteht bereits durch den Akt der Geburt in die Welt. (Elettra Stimilli, The Debt of the Living: Ascesis and Capitalism, 2017). Um die vorangegangene Aussage zuzuspitzen: Schuld ist die materielle Form der Idee, dass wir uns selbst erlösen und einen „Preis“ für den Akt des Seins zahlen müssen.

Im Ungleichgewicht, zwischen Verlust und Widerstand, zwischen der Zerbrechlichkeit und dem Fortbestehen der (Macht-)Strukturen, die uns zusammenhalten, wie finden wir den Weg?

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Our health was not good
In a particular place I could never use words

If I reason I am not the state's body
Nor is the body someone


It dreams no pronoun
No, not an elevation of any kind, nor any plan

Not even the happy closure
Something, like nothing, happens anywhere


Lisa Robertson, „Palinodes“, in: Chicago Review, Vol. 51/52, spring 2006, S. 15.

Hana Ostan-Ožbolt-Haas (sie/ihr, geb. in Slowenien) ist Kunsthistorikerin, unabhängige Kuratorin, und Autorin.Von 2019 bis 2023 war sie Direktorin der ULAY Foundation, wo sie für verschiedene (kuratorische) Projekte im Zusammenhang mit dem Nachlass des Künstlers verantwortlich war. Eine Auswahl ihrer jüngsten kuratorischen Projekte umfasst Ausstellungen bei SOPHIE TAPPEINER (Wien, 2024), Gregor Podnar (Wien, 2024), Schauraum MuseumsQuartier Wien (Wien, 2023/2024), Sector Gallery 1 (Bukarest, 2023), Eva Kahan Foundation (Wien, 2023), HOW Art Museum (Shanghai, 2022/2023), Georg Kargl Fine Arts im Rahmen des Curated by Festivals (Wien, 2022) und Stedelijk Museum (Amsterdam, 2020/2021). Ostan-Ožbolt-Haas schreibt für Artforum und hatte jüngst eine Gastprofessur an der Angewandten, Universität für angewandte Kunst Wien. Sie lebt und arbeitet in Wien.