



Systems of Support. Jahresausstellung 2023
Einmal jährlich widmet der Salzburger Kunstverein seinen Mitgliedern eine Ausstellung und bietet ihnen die Gelegenheit ihre Werke auszustellen.
Systems of Support
Jahresausstellung der Mitglieder des Salzburger Kunstvereins 2023
Eröffnung: Freitag, 15. Dezember 2023, 20 Uhr
Die Ausstellung Systems of Support zielt darauf ab, Interdependenz zu erforschen. Diese Interdependenz beschränkt sich nicht nur auf menschliche Interaktionen, sondern erstreckt sich auch auf unsere Beziehungen zur weiteren Umwelt - einschließlich nicht-menschlicher Akteure, natürlicher Ressourcen und konstruierter Infrastrukturen. Die Ausstellung strebt danach, einen Diskurs über soziale Konnektivität als Knotenpunkt gemeinsam genutzter Ressourcen und kollektiver Ethik zu fördern. Wie unterstützt uns die Kunst? Und wie unterstützen wir im Gegenzug die Kunst?
Systems of Support fordert uns auf, nicht nur die greifbaren Unterstützungsstrukturen - wie Finanzierung und institutionelle Unterstützung - zu betrachten, sondern auch die immateriellen, wie Wissensaustausch und emotionale Nahrung. Kunst als System ist nicht isoliert, sondern tief in ihrer Umwelt verwurzelt und spiegelt die Dynamik der Welt wider, in der sie existiert. Sie kann als Spiegel dienen, der den Zustand unserer aktuellen Umwelt reflektiert, oder als Fenster, das Visionen alternativer Zukünfte bietet. Sie kann auch als Brücke fungieren, die disparate Ideen verbindet und ein Netzwerk der Solidarität fördert. Sie kann Verständnis fördern, indem sie Statistiken und abstrakte Konzepte vermenschlicht und nicht zuletzt kann Kunst auch auf eine Weise Empathie hervorrufen, wie es bloße Worte oft nicht können.
Die Kunstwerke und Aktivitäten innerhalb dieser systemischen Perspektive sind somit nicht nur Objekte ästhetischer Betrachtung, sondern Katalysatoren einer epistemischen Transformation.
Die selbstreflexive Haltung der Ausstellung - die ihre Rolle als Unterstützungsort für Künstler:innen hinterfragt - eröffnet Dialoge über die Natur der Unterstützung in der Welt im Allgemeinen. Sie fordert uns auf, nicht nur die Beziehungen zwischen Künstlern:innen, Institutionen, Publikum und der weiteren Gemeinschaft zu untersuchen, sondern auch über Nachhaltigkeit im Sinne der Aufrechterhaltung und Pflege des kreativen Ökosystems nachzudenken, das Kunst und Kultur ermöglicht. Im Schatten globaler Krisen entsteht Kunst als Raum der Widerstandsfähigkeit und Reflexion.
In praktischer Hinsicht kann Unterstützung durch Kunst in Form von kollaborativen Projekten erfolgen, die Dialog und Verständnis fördern. Es können Gemeinschaftskunstprojekte sein, die lokale Bevölkerungsgruppen in den Schaffensprozess einbeziehen und ihnen ein Gefühl von Agency und Eigentum an ihren Erzählungen geben. Es können auch öffentliche Kunstinitiativen sein, die gemeinsam genutzte Räume transformieren, um gemeinschaftliche Hoffnungen und Kämpfe widerzuspiegeln. Die Vorstellung des Systems, während sie Konnotationen von Hegemonie trägt, wird hier neu gedacht, um die Existenz pluralistischer Unterstützungsnetzwerke zu unterstreichen und eine ökologische Perspektive auf die Welt im Großen zu fördern.
Zu diesen Netzwerken gehört die Gruppe Blumenblock (flower brigade), die eine Sprache des künstlerischen Protests innerhalb eines lokalen Systems zu artikulieren sucht, dass außerhalb einer erfolgsorientierten, kommerzialisierten Kunstwelt operiert. Ihre erste Aktion umfasste das Erstellen von Papierblumen, um während eines weltweiten Klimastreiks einen „Blumenblock“ zu formen. Das in Salzburg verwurzelte Kollektiv trifft sich wöchentlich, um künstlerische Formen des Protests zu erkunden, und positioniert sich nicht als Symbol für eine Bewegung, sondern als eine Kunstbewegung selbst.
In diesem Sinne stellt Luca Büchlers laufende Serie, bestehend aus Schlüsselduplikaten von ausstellenden Institutionen gepaart mit entsprechenden Schenkungsverträgen, Vorstellungen von Raum heraus – wie er definiert, erlebt und besetzt wird. Büchlers Arbeit, die sich tief mit der Zugänglichkeit auseinandersetzt, besonders für queere Personen, verkörpert den Geist der Ausstellung, indem sie die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Institutionen und Künstler:innen betrachtet.
Die Ausstellung beherbergt auch das feministische Künstlernetzwerk EXTRA STARK. Die Darstellung der Handflächen aller Netzwerkmitglieder steht als abstrahierte Visualisierung von Vernetzungs- und Solidaritätsgesten. Dieses Netzwerk, das Künstler:innen zusammenbringt, die Zeit und Raum für gemeinsame Arbeit und Denken teilen, spricht gesellschaftliche blinde Flecken und Irritationen innerhalb einer patriarchal geprägten Gesellschaft an.
Caroline Vitzthums Performance und Installation „Wet [scape]“ ist eine Ode an die ökologische Bedeutung von Mooren, während Robin Waarts Widmungsstücke, die im gesamten Ausstellungsraum verstreut sind, die unsichtbare Arbeit in der künstlerischen Schöpfung reflektieren.
Die „Crowds“-Serie von Bartholomaeus Wächter und das „tuta“-Projekt von Andrea Zabric, unter anderem, veranschaulichen weiter die vielfältigen Weisen, in denen Kunst die Komplexität von Unterstützungssystemen verkörpern und ausdrücken kann.
Jede:r Künstler:in und jedes Kollektiv, das an Systems of Support teilnimmt, trägt zu einem gemeinsamen Diskurs über Solidarität und Commons bei – ein Wertesystem, das offen bleibt und gegenhegemoniale Beziehungen fördert. Diese Ausstellung ist auch eine bescheidene Erinnerung daran, dass angesichts globaler Krisen die revolutionärste Kunst eine der Unterstützung, Solidarität und des gegenseitigen Verständnisses sein kann.
Eröffnung: Freitag, 15. Dezember, 20 Uhr
Performance Programm:
15.12.2023 21:00 REISS DEIN MAUL AUF von Christine Lederer
16.12.2023 ab 14:00 Wet[scape] von Caroline Vitzthum, performed von Lenz Farkas & Maite Dárdano
16.12.2023 17:00 Kunstauktion geleitet von Alexander E. Fennon
Künstler:innen: Blumenblock (flower brigade), Luca Büchler, EXTRA stark, Đejmi Hadrović, Julia Haugeneder, Nicholas Hoffman, Christine Lederer, Claudia Lomoschitz, Alina Panasenko, Vika Prokopaviciute, Anna Schachinger, Vanessa Schmidt, Maja Spasova, Miriam Stoney, Manuel Tozzi, Caroline Vitzthum, Robin Waart, Bartholomaeus Wächter, Andrea Zabric
Kuratorin: Mirela Baciak
Foto: Der Körper des Patroklos wird von Menelaos geborgen (Fragment). Römische Skulpturengruppe, Florenz.