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Eröffnung: Fr, 24.02.2023 | 20 Uhr
Großer Saal
25.02.2023 - 23.04.2023

Wet Closet

Himmel bricht, Wolken fallen,

zögerlicher Regen.

Der muffige Geruch von nassen Kleidern

durchdringt die Luft.

Schimmel beginnt sich zu bilden,

die Farbe ist Nacht.

 

Pathos und Datenplasma verflechten sich,

Laplacescher Dämon lauert auf im Innern.

 

Duotones Mondlicht glättet

Den blassen Schimmer seines Grins.

Eine verdrehte, abstrakte Geschichte

Von verschlossenen Erinnerungen und gesprochenen Weisheiten.

 

Schattierungen entfalten sich,

Sein Sein überflutet seinen Willen.

Determinismus steht im Regen,

Während sich das Licht hinter dem Schlitz ausbreitet.

Die Schranktüren knarren.

 

Der hängende Stoff trocknet

Im starren Blick der Sonne.

Der Schrank von innen geschlossen.

Wir lachen zusammen,

Zwei Fliegen auf einer Partitur.

Hedda Schattanik und Roman Szczesny leben in Düsseldorf und präsentieren eine eindringliche und energiegeladene Zusammenarbeit in Form von medienbasierter Kunst. Durch den Einsatz von Algorithmen, Avataren, künstlicher Intelligenz und Fotografie, Video und Skulptur überträgt und erweitert das Künstler:innenduo die unmittelbare, aber zerebrale Qualität des filmischen Geschichtenerzählens. Ihre Arbeit verkörpert bereits heute die Auswirkungen von Zukunftstechnologien und ist in Form einer groß angelegten Installation im Großen Saal zu sehen.

Die Künstler:innen setzen KI, CGI und andere Softwaretechnologien in Kombination mit eingegebenen Texten, Fotografie, Video, Skulptur, Performance, Zeichnung und anderen Medien ein, manipulieren, erweitern, verändern und setzen sie immer wieder neu ein, um Bilder zu schaffen, die aus dieser Vielfalt hervorgehen. Mit anderen Worten, ihre Kunstwerke sind eine intime und bewusste Zusammenarbeit mit der KI-Technologie und nicht einfach nur die Ermöglichung dieser Technologie, Bilder zu erzeugen. Was dabei herauskommt, ist eine gemeinsame Halluzination von Bildern und Formen, die gleichzeitig verwirrend und faszinierend sind. Die Künstler:innen beschreiben dies fast als eine Zurschaustellung oder Enthüllung des Potenzials eines Unbewussten, das gleichzeitig menschlich und nicht-menschlich ist, mit einerseits emotionalen und potenziellen Bezügen, die wir spüren können, und andererseits einer komplexen Maschinerie, die einfach mit einem Universum von Möglichkeiten arbeitet. Die Künstler:innen beschreiben dies auch als eine Umarmung des Zufalls und der Absichtslosigkeit, da in jedem Kunstwerk ein Gefühl der Willkür herrscht – das, was wir zum Beispiel im Universum der Bilder sehen, die die sozialen Medien bevölkern. Dies steht in krassem Gegensatz zu den üblichen Formen von Absicht und Kontrolle in der künstlerischen Praxis, sei es in der Malerei, der Fotografie oder anderen Genres. Der technische Prozess zur Herstellung dieser Bilder ist selbst sehr komplex und das Ergebnis jahrelanger Forschung und harter Arbeit. Er entwickelt sich ständig weiter und wird mit der Weiterentwicklung der Medientechnologien und der KI immer komplexer.

Hedda Roman ziehen es vor, solche Werkzeuge als Alien Artifact oder Savant zu bezeichnen, anstatt den Begriff „Künstliche Intelligenz“ zu verwenden. Diese Modelle basieren auf einer erlernten Darstellung von Bild-Text-Beziehungen und nicht auf einem echten Verständnis der zugrunde liegenden Konzepte von Worten und Bildern. Diese künstlichen Prozesse sind mit den von den Künstler:innen eingegebenen Daten, Ideen und Visionen verflochten und von diesen abhängig. Die Künstler:innen haben sie neu trainiert und die Modelle anhand ihrer eigenen Bildsammlung feinabgestimmt.

Hedda Roman betrachten diese Werkzeuge als Ausdruck des gegenwärtigen Augenblicks und als neues Material, mit dem sie experimentieren. Dieses Material besteht aus emotionalen Verbindungen des menschlichen Geistes mit statistischen, nicht-menschlichen Sammlungen komplexer Bild- und Sprachdaten, die aus dem Internet stammen. Diese neue Form der Visualisierung, die durch diese fremden Werkzeuge unterstützt wird, fügt einer Welt, die bereits mit visuellen Reizen gesättigt ist, eine noch nie dagewesene Ebene der Bild- und Informationsproduktion hinzu.

Die Künstler:innen haben Bilder produziert und gedruckt, die teilweise durch diese Technologie manifestiert werden. Diese Bilder werden neben Monitoren präsentiert, die ständig wechselnde Bilder zeigen, die auf einem bestimmten Archetyp von Bild basieren, um den Prozess oder die „Genese“ des AI Alien Artefact Dreamset hervorzuheben. Eine Serie von Arbeiten, Archetypes, die über die gesamte Ausstellung auf gleich großen Monitoren verteilt ist, beginnt mit Symbolen verschiedener Ideen der Künstler:innen, die in die KI-Technologie eingegeben wurden. Nach einem komplexen Zusammenspiel der Künstler:innen mit diesen Technologien – ein Zusammenspiel, das hochkomplex und technisch ist und von den Künstler:innen selbst erklärt werden sollte – wird eine Reihe von Bildern erzeugt. Eigentlich hätte eine unendliche Anzahl von Bildern entstehen können, aber hier ist eine Begrenzung der Bilder vorgegeben. Dieses unheimliche, fantastische Kunstwerk ist in dieser Hinsicht wirklich am Puls der Innovation.

Die Künstler:innen strecken ihre Hand nach einer „fremden Hand“ aus, um das, was vom menschlichen Geist initiiert wird, durch die algorithmische Mimesis eines solchen „Geistes“ zu verbessern. Die Herausforderung besteht darin, etwas zu schaffen, das dem Lärm der endlosen Informationen der Welt entgegentritt, ohne in Fatalismus zu verfallen. Der menschliche Geist ist immer noch der Initiator und die humanoide Mimesis des Geistes ist das Material. Die Künstler:innen haben auch eine fiktive Persona und einen Online-Avatar, „Oldboy“, geschaffen. Das Publikum kann diese Figur während der Ausstellung in einem der Archetypen („The Self“) beobachten.

Eine weitere Videoinstallation „Light-field Memories: Torso“ ist ein 3D-Video, inspiriert von Rilkes Gedicht „Archaischer Torso Apollos“. Diese Arbeit ist ein Höhepunkt des Themas des Münzwerfens, das die Videoinstallation und die gedruckten Bilder durchdringt, und spiegelt unser probabilistisches Zeitalter wider, in dem KI-Orakel eine Rolle spielen und Fragen über das Problem der sich selbst erfüllenden Prophezeiung aufwerfen. Das Werk ist ein einzigartiges visuelles Erlebnis, das ausschließlich für die Betrachtung auf einem Lichtfeldmonitor geschaffen wurde. Der Monitor sendet Pixel mit Richtungsinformationen aus, so dass die Bilder und Animationen in 3D betrachtet werden können, ohne dass eine spezielle Brille erforderlich ist. Die in einer Schleife ablaufende Sequenz lädt den/die Betrachter:in dazu ein, das Bild aus verschiedenen Blickwinkeln zu erkunden und bietet so ein immersives und interaktives Erlebnis.

Hedda Schattanik (*1992, Westerstede) und Roman Szczesny (*1987, Bensberg) verweben in ihren Videoinstallationen kinematografische Elemente mit surrealer Animation, Literatur, Schauspiel, Skulptur, Fotografie und Zeichnung. Beide haben ihr Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie abgeschlossen und arbeiten seit 2014 zusammen. Sie leben und arbeiten in Düsseldorf.

In ihrer künstlerischen Praxis erweitern sie die traditionellen Grenzen des Kunstschaffens und reflektieren dabei die Wahrnehmungen, Vorurteile und Widersprüche, die unsere Existenz in der Welt kennzeichnen. Eine traumhafte Erzählung scheint der Hintergrund jedes ihrer Kunstwerke zu sein. Während der/die Betrachter_in versucht, die Logik hinter der Opulenz eines jeden Bildes zu verstehen, bleibt nur die Intensität jedes einzelnen Moments, der die menschliche Identität in Frage stellt.