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Eröffnung: Fr, 14.10.2022 | 20 Uhr
Großer Saal
15.10.2022 - 04.12.2022

The Song

In vielen europäischen Straßen ist man unzähligen Sprachen ausgesetzt. Gespräche zwischen Menschen, Verkäufer auf Straßenmärkten, die ihre Waren anbieten, Fernsehgeräusche aus verdunkelten Räumen, Musik aus Autos oder Telefonate von Menschen, die unterwegs sind. Wenn man genau hinhört, kann es sein, dass man vielleicht sogar eine Stimme aus einer anderen Zeitzone hört, gedämpft und unverständlich, aber eine weitere Bereicherung der akustischen Stadtlandschaft. Für die an diesem akustischen Austausch Beteiligten sind diese Klänge nicht nur strukturell, sondern auch essentiell, eine Lebensader. Sie sind eine Art immersive Wolke, eine Magie, die dazu beiträgt, das „Fremde“ vertraut zu machen.

 

Abidis neuester Film, The Song, wird in Salzburg uraufgeführt und ist eine Auftragsarbeit des Salzburger Kunstvereins in Zusammenarbeit mit Film & Video Umbrella, Contemporary Art Society und John Hansard Gallery. Der Film wird vom Arts Council England unterstützt und von der Contemporary Art Society in der Gallery Oldham präsentiert.
 

Der Film beruht auf ihrem Interesse an Klang und Migration und an der Frage, was es bedeutet, auch akustisch vertrieben zu sein. Ein alter Mann, der erst kürzlich nach Europa gekommen ist, konfrontiert sich mit der Stille in der ihm zugewiesenen Neubauwohnung und findet seinen eigenen Weg, sich einzurichten. Daneben gibt es die Klanginstallation „Memorial to Lost Words“ (2016) mit Stimmen von indischen Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg.

Bani Abidi ist eine pakistanische Künstlerin, die mit Video, Fotografie und Zeichnung arbeitet. Sie studierte Bildende Kunst am National College of Arts in Lahore und an der School of the Art Institute of Chicago. Im Jahr 2011 wurde sie zum Berliner Künstlerprogramm des DAAD eingeladen und lebt seitdem in Berlin. In den letzten Jahrzehnten hat Abidi mit dem bewegten Bild gearbeitet. In ihren Arbeiten verwischt sie die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion und beleuchtet die Absurditäten des täglichen Lebens. Die von ihr inszenierten Szenen werden von anonymen Figuren dargestellt, die um kleine Gesten des Widerstands ringen. Dies geschieht im Allgemeinen vor dem Hintergrund von Staatsmacht und Nationalismus.

 

Abidi nutzt Film oft als Erinnerungswerkzeug; sie verbindet dies mit Poesie und fiktionalen Elementen. Sie übernimmt oft die Rolle der Geschichtenerzählerin und Stadtarchäologin, die von den Städten berichtet, in denen sie gelebt hat. Fiktive Narrative überschneiden sich mit individuellen Erfahrungen und stellen differenzierte Fragen, etwa zu Patriotismus – vor allem mit Blick auf die historischen Konflikte und geopolitischen Beziehungen zwischen benachbarten Nationen wie Indien und Pakistan. Ihre Arbeiten erzählen Geschichten von ehrgeizigen Träumen und vom Scheitern und behandeln dabei das Verhältnis zwischen Staatsmacht, Patriotismus und Größenwahn. Ihre künstlerischen Auseinandersetzungen sind oftmals durch humorvolle Zugänge zu politischen und kulturellen Themen geprägt.

 

Bani Abidi wurde 1971 geboren und stammt aus dem pakistanischen Karachi und gehört zu den bemerkenswertesten zeitgenössischen Künstlerinnen ihrer Generation. Sie ist in Pakistan aufgewachsen, lebte viele Jahre in den USA und wohnt heute in Berlin und Karachi. Ihre Werke sind seit mehr als einer Dekade international zu sehen, so in Kalkutta, Dallas, New York, Berlin und auf der documenta in Kassel.